Der RSV Weil sehnt sich nach seinen goldenen Zeiten

In der aktuellen Runde präsentiert sich der RSV Weil zwar in der Schweizer Liga in ordentlicher Verfassung. Ob die Rückkehr zum Glanz alter Tage aber gelingt, ist fraglich.

RSV-Kapitän Felix Furtwängler Foto: Gerd Gruendl

Es war ein Abschied auf Raten. Mit jedem Topspieler, der die Rollschuhe an den Nagel hängte, ging Niveau verloren. Und gleichzeitig die Chancen darauf, in der starken Schweizer Liga mitzuhalten. Erst waren es die beiden deutschen Rollhockey-Cracks Samuel Wenger und Sascha Wörner. 2017 folgte dann der große Cut, als Kapitän Max Bross und Torhüter Daniel Dietrich ihre Karriere beendeten und das spanische Trio Jorge Villamil Novoa, Marzio Vanina und Alberto Garcia den Verein verließ. „Der Aderlass war groß“, erinnert sich Felix Furtwängler, der aktuelle Kapitän des RSV. „Die NLA war da nicht mehr zu halten“, ergänzt Spielertrainer Marc Werner. Nach 13 Jahren in der Schweizer Topliga mussten die Weiler 2018 sang- und klanglos den Weg in die NLB, die zweite Schweizer Liga, antreten. Es war der glanzlose Schlusspunkt einer glorreichen Zeit.

Der RSV war lange der FC Bayern des Rollhockeys
Lange war der RSV der FC Bayern des Rollhockeys. Und das in gleich zwei Ländern. Seit den 1990er-Jahren gewann der Club viermal die deutsche Meisterschaft, dreimal den Pokal und spielte international. 2004 wechselte der Verein als deutscher Meister in die Schweiz – die ständige Fahrerei bis in den Ruhrpott hatte Substanz gekostet. Auch im Nachbarland stiegen sie zum Nonplusultra auf: 2009 holte sich der RSV das Double aus Meisterschaft und Pokal.

Mittlerweile aber sieht die Welt anders aus. „Wir sind relativ gut gestartet“, erklärt Furtwängler. „Wir hoffen, in die Playoffs zu kommen“, sagt sein Trainer. Dazu müsste der vierte Platz her. Nach fünf Spielen stehen sie aktuell auf Rang drei. Oberes Mittelfeld in der zweiten Liga: Beim RSV backen sie heuer kleinere Brötchen.

Die Gründe für den Abstieg sind vielschichtig. Zum einen wäre da die vernachlässigte Jugendarbeit. „Als Spitzenteam hatten wir immer Spanier und Portugiesen, so dass die Jugend auf der Strecke geblieben ist“, sagt Furtwängler, der weiß, wovon er spricht. Der 26-jährige Erzieher stand zwar bereits zu Hochzeiten im Kader.

Auf Einsatzzeit durfte er aber nur selten hoffen. Die Spieler aus den Top-Ligen Spanien, Portugal und Argentinien sowie die deutschen Nationalmannschafts-Haudegen erhielten Vorrang. Furtwängler: „Der Erfolg war da auch ein Fluch.“ Wobei der heutige Trainer es noch drastischer formuliert: „Uns fehlt eine ganze Generation.“ Mittlerweile sind die internationalen Spieler weg. Coach Werner stellt ein Team aus Lokalmatadoren. Und wünscht sich gelegentlich die Verhältnisse zurück, auf die sein Vater – Rolf Werner – bauen konnte, als er als Trainer vor knapp drei Jahrzehnten die Erfolgs-Ära Weils begründete.

Und dann wäre da noch das Geld. „Die Trennung war eine Schlammschlacht“, betont Sascha Wörner, der 39-jährige Verwaltungsfachwirt, heutiger RSV-Kassenwart und langjähriger Nationalspieler, der mit den Alt-Herren ein wenig den Ruf der Weiler erhält. 2017 gewannen sie die deutsche Seniorenmeisterschaft. 2018 holten sie den dritten Platz in der Schweiz. In zwei Wochen greifen sie wieder nach dem Pott im Nachbarland.

„Uns fehlt eine ganze Generation.“

Kapitän Felix Furtwängler

Der Sponsor versucht es anderswo – vergebens
2009 gingen die Weiler und ihr Hauptsponsor Roger Ehrler getrennt Wege. Es folgte ein Lokalposse der besonderen Natur: Der vom geschiedenen Mäzen neu gründete RSV Friedlingen spielte im Folgejahr das Finale mit Weil aus – zwei deutsche Teams im Endspiel um die Schweizer Meisterschaft: Ein Unikum. Friedlingen gewann und löste sich direkt danach auf. „Weil ist zu klein für zwei Vereine in einer Randsportart“, findet Wörner. Vielleicht zu klein für die Region. Denn auch der RHC Basel, das nächste Rollhockey-Baby von Mäzen Ehrler, stellte nach kurzer Halbwertszeit 2016 seinen Spielbetrieb ein. Und so ist lediglich der RSV Weil geblieben. Allein auf weiter Flur und mittendrin im Kampf gegen die Bedeutungslosigkeit.

„Ob das mit Rückkehr zu alten Zeiten klappt, da bin ich skeptisch“, gesteht Trainer Werner. Es wäre ein langer Weg mit den eigenen Jugendspielern bis an die internationale Spitze. Unzufrieden sind sie dennoch nicht. „Wir haben unsere Nische gefunden“, sagt der Kapitän, der glaubt, dass die NLB für die Entwicklung der jungen Spieler besonders förderlich sei. Überhaupt ist beim RSV aktuell der Weg das Ziel: Weil kämpft gegen den langen Schatten der Vergangenheit.

Veröffentlicht in der Badischen Zeitung am: 04. November 2019
https://www.badische-zeitung.de/der-rsv-weil-sehnt-sich-nach-seinen-goldenen-zeiten–179003781.html

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